Die Entwicklung der Magnetresonanztomographie
Die Geschichte der Magnetresonanztomographie reicht von der physikalischen Entdeckung des Felix Bloch & Edward Purcell zur Real-Time-Bildgebung. Mit der Magnetresonanztherapie wurde der Traum von einem gesundheitsneutralen, ungefährlichen Untersuchungverfahren zur Wahrheit.
Einige der unten gezeigten Abbildungen wurden dem Buch „Magnetic Resonance in Medicine“ von Prof. Peter A. Rinck mit freundlicher Genehmigung des abw-Verlages und des Autors entnommen.
Cool Timeline
2018
~1800: DIE MATHEMATISCHEN GRUNDLAGEN FÜR MRT BILDER WERDEN VOR ETWA 200 JAHREN BESCHRIEBEN
Jean-Baptiste Fourier (1768-1830), ein enger Vertrauter von Napoléon Bonaparte, zeitweilig Präfekt im französischen Départment Isère und einer der bedeutensten Mathematiker seiner Zeit beschreibt die nach ihm benannte Fourier-Transformation. Ohne diese wäre die Errechnung von MRT Bildern nicht möglich.
~1900: DER VATER DER MAGNETFELDER
Nikola Tesla (1856-1943), ein außergewöhnlicher Visionär, entwickelt das Radio und den Wechselstrom. Neben seinen über 700 Patenten, welche er im Laufe seines bewegten Lebens angemeldet hat, beschreibt er die Entstehung und die Wirkung von Magnetfeldern. Die heutige international verwendete Einheit für die Stärke eines Magnetfeldes ist nach ihm benannt.
1946: DIE PHYSIKALISCHE ENTDECKUNG DES „KERN-SPINS“ DURCH BLOCH UND PURCELL
Felix Bloch und Edward Purcell entdeckten unabhängig voneinander, dass bestimmte Atomkerne in einem externen Magnetfeld in der Lage sind, hochfrequente Radiowellen zu absorbieren. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Frequenz der eingestrahlten Hochfrequenz (HF)-Pulse mit der Eigenfrequenz der Atomkerne, der sogenannten Larmorfrequenz (f0) übereinstimmt.
1952: AUSZEICHNUNG DURCH DAS NOBELPREIS-KOMITEE
Nobelpreis der Physik für Bloch und Purcell.
1971: KANN DIE NEUE TECHNIK AUCH ZUR DIAGNOSE VON KRANKHEITEN VERWENDET WERDEN?
Raymond Damadian entdeckt anhand von in-vitro Versuchen, dass sich die Protonenrelaxationszeiten von malignen Tumoren und normalem Gewebe unterscheiden. Er erzeugt allerdings noch keine Schichtbilder, sondern misst mit seiner sogenannten ‚FONAR’ Technik ein-dimensionale Relaxationszeiten in unterschiedlichen Geweben.
1973: SCHNELLE VERBREITUNG IN PHYSIK UND CHEMIE – NUN FOLGT DER EINSATZ AN LEBEWESEN
Paul Lauterbur/ New York zeigt die ersten biologischen Anwendungen in der hoch angesehenen Zeitschrift ‚Nature’: erste ortsaufgelöste Abbildung eines flüssigkeitsgefüllten Modells. Die Idee, Magnetfeldgradienten in allen drei Dimensionen zu schalten, um zwei- oder drei-dimensionale Bilder zu erzeugen, entsteht, als er die ersten CT Bilder zu Gesicht bekommt.
1974: BEIM TIER SPIELT ZEIT KEINE ROLLE
Raymond Damadian in Aberdeen/ Schottland kann die erste Abbildung eines Tumors an einem lebenden Tier präsentieren.
1975: EINE WESENTLICHE VEREINFACHUNG DER DATENAKQUISITION
Richard Ernst aus Zürich beschreibt die Datenakquisition mit der ‚NMR Fourier Zeugmatographie’. Diese Grundlagen werden bis heute für die MRT verwendet.
1977: DER BEWEIS: DIE TECHNIK IST AUCH AM MENSCHEN ANWENDBAR
R. Damadian gelingt das erste Bild des menschlichen Körpers – ein Thoraxquerschnitt. Obwohl das Bild technisch sensationell ist und Wissenschaftler in aller Welt aufhorchen lässt, reicht die Ortsauflösung bei weitem nicht für eine diagnostische Verwendung. Die Aufnahmezeiten betragen mehrere Stunden und sind damit für eine praktische Anwendung viel zu lang.
1978: NUR BEI ERHEBLICH VERKÜRZTER AUFNAHMEZEIT BESTEHT AUSSICHT AUF EINE KLINISCHE ANWENDUNG
Peter Mansfield in Nottingham beschleunigt die Bildakquisition deutlich: Es wird nunmehr eine ganze Bildzeile gleichzeitig statt eines einzigen Bildpunktes ausgelesen.
1978: EMI, BEREITS PIONIER DER CT ENTWICKLUNG, NUN AUCH VORREITER BEI MRT
Ian R. Young und Hugh Clow, zwei Mitarbeiter der englischen Firma EMI, welche die ersten Computer-Tomographen entwickelt hatte, gelingen die ersten Schichtbilder des menschlichen Gehirns.
1981: IN ABERDEEN, NOTTINGHAM UND HAMMERSMITH WERDEN ERSTAUNLICHE ENTDECKUNGEN GEMACHT
Erste klinische Anwendungen werden veröffentlicht: Eine Unterscheidung zwischen malignem Tumor und gesundem Gewebe. Ferner gibt es erste Vergleiche zum CT, z.B. bei Demylinisierungen bei der Multiplen Sklerose. Der Vorteil der MRT liegt im deutlich höheren Weichteilkontrast.
~1981: DIE GERÄTE SIND TECHNISCHE KOLOSSE
Die ersten Geräte enthielten einen zirkulären Permanentmagneten. Diese bestanden aber aus ferromagnetischem Material und wogen leicht über 100 Tonnen! (einer der Gründe, warum bis heute manche MRT Abteilung im Keller einer Klinik zu finden ist!). Als Alternative wurden Widerstandsmagneten eingesetzt. Nachteile: hoher Kühlbedarf für die sich erwärmende Spule, maximal 0.3 Tesla (T) Feldstärke zu erreichen. Durchgesetzt haben sich supraleitende Magneten, welche Feldstärken auch deutlich über 1 T erlauben. Die ersten Magneten werden von Oxford Magnets hergestellt. Bis heute werden die meisten Magneten in dieser Region fabriziert.
1981: KLINISCHER EINSATZ: KEINE STRAHLUNG, HÖCHSTER KONTRAST
Die Methode findet klinisch zunehmende Akzeptanz und wird insbesondere für die Diagnostik des Zentralen Nervensystems (ZNS) zur Methode der Wahl. Vorteile sind neben dem hohen Weichteilkontrast die fehlende Strahlenbelastung, die Möglichkeit, Bilder in allen Schichtorientierungen anzufertigen, sowie die fehlende Beeinträchtigung der Bildqualität durch den dichten Knochen.
1982: NEUE IMPULSE FÜR DIE BILDGEBUNG
N. Muller beschreibt die ‚Off-Resonance’ Bildgebung. Heutzutage wird diese als Transfer-Magnetisierungs-Bildgebung bezeichnet
1983: AUCH DIE MRT BENÖTIGT KONTRASTMITTEL
Die Schering AG in Berlin hinterlegt das erste Patent für ein durch Dr. Weinmann entwickeltes MRT Kontrastmittel. Ende der 80er Jahre wird dieses Gd-DTPA (Magnevist®) als erstes MRT-Kontrastmittel im Handel verfügbar. Die Verteilung ähnelt jener der iodhaltigen Röntgenkontrastmittel. Die Verträglichkeit ist jedoch deutlich besser. Zunächst hatte man geglaubt, die MRT als ‚Hochkontrastverfahren’ würde keine Kontrastmittel benötigen.
~1984: KEINE SPUR VON RADIOAKTIVITÄT!
Der Begriff NMR für Nuclear Magnetic Resonance, welcher immer wieder fälschlicherweise mit Radioaktivität in Verbindung gebracht wurde, wird zunehmend durch MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) ersetzt.
1985: DAS EXTREM STARKE MAGNETFELD (MEHR ALS 1000X STÄRKER ALS DAS ERDMAGNETFELD) BIRGT GEFAHREN
Eine Mobilisierung eines Eisensplitters durch das statische Magnetfeld eines MR Tomographen führt zur Erblindung eines Patienten. Es ist der erste bekanntgewordene schwere Unfall in der medizinischen MRT. Im selben Jahr wird ein MTA von zwei fast 50 kg schweren Eisenplatten (diese waren zu nah an MRT Einheit abgestellt worden), welche durch den Magneten beschleunigt wurden, getroffen und schwer verletzt.
1989: DER NIMBUS DER UNGEFÄHRLICHEN UNTERSUCHUNG WEICHT
Erster Todesfall durch ein MRT Gerät. Der Patient trug einen Herzschrittmacher, welcher im MRT Gerät beschädigt wird und aussetzt.
~1988: AUCH IN DER HERZBILDGEBUNG HÄLT DIE MRT EINZUG
Neue Techniken ermöglichen den Einsatz der MRT für die Bildgebung des Herzens. Hierfür sind enorme technische Anstrengungen notwendig, um das Herz in der sehr kurzen Phase ohne Bewegung (Enddiastole) darzustellen. Voraussetzung ist eine Kopplung der Messungen an den Herzrhythmus durch die Kopplung an ein kontinuierlich im Gerät abgeleitetes EKG.
1989: BEGINN DER MR-ANGIOGRAPHIE: DAS BLUT SELBST IST DAS KONTRASTMITTEL
Erste MR-Angiographie (MRA) – Es werden zunächst Sequenzen eingesetzt, bei denen das strömende Blut deutlich mehr Signal als das umgebende Gewebe aufweist.
~ 1990: AUCH DIE WEIBLICHE BRUST KANN STRAHLENFREI UNTERSUCHT WERDEN
Die MR-Mammographie entwickelt sich zu einem klinisch sehr nützlichen Verfahren, um Tumoren der weiblichen Brust aufzuspüren. Ein wesentlicher Bestandteil neben statischen Sequenzen sind hier dynamische T1-gewichtete Sequenzen nach Kontrastmittelgabe. Sie zeigen die Durchblutung der Mamma und können somit die zumeist verstärkt perfundierten Tumoren aufspüren.
1991: DIE MRA WIRD EIN ERNSTER KONKURRENT FÜR DIE INVASIVE ANGIOGRAPHIE
Die MRA ohne Kontrastmittel (die sogenannten ‚time-of-flight’ und ‚phase contrast’ Techniken) haben einen Nachfolger: Die Kontrastmittel-verstärkte MRA. Hierfür wird ein T1-Kontrastmittel im raschen Bolus gespritzt und eine schnelle stark T1-gewichtete Sequenz gefahren. Die Gründe für diesen Wechsel sind die Anfälligkeit der bisherigen Techniken für Artefakte aus der Umgebung oder langsam fließendes Blut.
~1993: BEI PLATZANGST MRT!
Die ersten offenen MRT Geräte werden verfügbar. Der Patient liegt hier nicht mehr in einem röhrenförmigen Gerät sondern zwei kreisförmige Magneten liegen unter und über dem Untersuchungstisch. Durch die neue Technik kann die MRT vermehrt bei Patienten mit Platzangst und bei Kindern angewendet werden. Auch Interventionen mit MR-kompatiblen Materialien sind in diesen Geräten einfacher möglich.
1996: DIE LEBER MIT „ROST“ ANGEFÄRBT
Mit AMI 25 (Endorem®, Guerbet; FerridexTM, Berlex), einem Eisenoxid für die Leberdiagnostik erscheint das erste organspezifische Kontrastmittel. Der kontrastgebende Bestandteil dieser Verbindungen sind Eisenoxide, im Volksmund als Rost bezeichnet.
~1999: DER UNTERSUCHUNGSTISCH BEWEGT SICH
Moving-Table Technik: Die Erfassung von Bildvolumina, welche das Field-of-View (FOV) überschreiten wird ohne manuelles Verschieben der Spule möglich. Es können wie in der CT größere Bereiche dargestellt werden. Die periphere MRA mit einer einzigen Kontrastmittelinjektion wird möglich.
~1999: DER ANGIOGRAPHIE AUF DEN FERSEN
Zeitaufgelöste „4D“ MR-Angiographie. Es werden sehr schnelle MRA Sequenzen entwickelt, die in sehr kurzen Abständen mehrfach wiederholt werden. Hierdurch ist nicht nur eine morphologische Information (Gefäß durchströmt ja/nein) sondern eine funktionelle Information (z.B. Flussgeschwindigkeit, Strömungsrichtung) verfügbar.
~2000: NEUE HORIZONTE?
Lange Zeit galten 1.5 T Geräte als Hochfeldgeräte und das Maximum des technisch machbaren für die klinische Routine. Jetzt werden 3 T Geräte allgemein verfügbar. Ob diese wesentliche Vorteile für die klinische Bildgebung versprechen und eine weite Verbreitung finden werden, bleibt abzuwarten.
2000
HEUTE: METHODE DER WAHL BEI VIELEN UNTERSUCHUNGEN
Die MRT ist die Methode der Wahl für die Diagnostik des zentralen Nervensystems, den Bewegungsapparat und des Spinalkanals. Die Methode ist schneller geworden (zahlreiche Untersuchungen sind in 15-20 min möglich) und aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung beliebig wiederholbar.